Wie man sich zum Idioten macht…

Hier in der Klinik habe ich vor allem gelernt, mich zum Idioten, zum absoluten Horst zu machen. Und ich merke irgendwie, dass es mir gut tut und ich mich dadurch ungezwungener und freier fühle.

Das Klinikgelände mit allen „Problemchen“ spiegelt nämlich die Außenwelt als eine Art „Übungsplatz“ wider. Man kann hier lernen, auf andere zuzugehen, Dinge machen, die man sonst nie macht und vor allem kann man (in der Gruppentherapie und auch außerhalb) lernen, wie man mit anderen Leuten konstruktiv streitet. Außerdem weiß man, dass hier jeder wegen einem Problem ist. Und das alleine beruhigt schon mal irgendwie. Da fühlt man sich dann nicht mehr ganz so alleine.

Ich habe hier vor allem durch Frau Croft gelernt, das Kind in mir zu fördern und Dinge zu machen, die ich sonst wahrscheinlich nie getan hätte. Dazu gehören folgende Situationen, die ich hier allerdings nur stichpunktemäßig aufschreibe, damit ich sie nicht vergesse:

■ gebrannte Mandeln mit dem Feuerzeug noch mal rösten auf meinem Zimmer

■ in die medizinische Zentrale gehen mit Grünzeug im Gesicht und Medikamente verlangen

■ barfuß auf dem Gelände herumlaufen, wenn es regnet

■ sich am frühen Morgen in die Einfahrt legen, wenn die Walking-Gruppe vorbeikommt

■ Schlammcatchen und hinterher jedem voller stolz die blauen Flecken präsentieren

■ Dominik mit Wasser bespritzen und ihm bis aufs Männerklo folgen

■ ganz alleine 1/3 der Zuckerdose für 4 Tassen Tee leeren

■ eine Tasse mit grünem Tee, Kaffee, Milch und 7 Löffel Zucker trinken, nur um die Gesichter der anderen zu sehen

■ mit Papierkugeln am Esstisch um mich schmeißen, weil das Essen zu lange auf sich warten lässt

■ mich nach dem Sport mit meiner Wasserflasche übergießen, die ich extra darür mit Leitungswasser gefüllt habe

■ schaukeln wo es nur geht

■ mit Seifenblasen Fußball spielen

■ schreien vor dem Wald

■ schreien im Geisterhaus

■ beim Trampen mitten auf einer Straßeninsel im Minirock stehen

■ mit Fr. Croft und einem fremden Kerl in F. in Punk-Klamotten Basketball spielen

■ mit drei fremden Typen mitgehen und sich bekochen lassen

■ im nassen Gras liegen und dösen

■ in die Tiefe gehen, wo es nur so von Spinnenweben und Dreck wimmelt und eine Kröte retten, die sich in eine Ritze gequetscht hat und stecken geblieben ist

■ einen Käfer retten und auch alle anderen Tiere…(Fr. Croft liebt Tiere über alles, mehr sogar als Menschen)

■ für Fr. Croft einen fremden Jugendlichen fragen, ob er zufälligerweise einen Vogel in der Hand hat und mich von ihm blöd anmachen lassen

■ mit drei fremden Jugendlichen, Fr. Croft und einem Mitpatienten Fußball spielen ohne Regeln

■ dem Mitpatienten aus Versehen gegen das Scheinbein treten ohne Schuhe anzuhaben und sich wundern, warum er Schmerzen hat, wo ich mir doch alle Zehen kaputt gemacht habe…(die übrigens nicht gebrochen sind, was mich wundert…)

■ eine Tür mit einem Bauklötzchen so präparieren, dass man sie auch von außen aufmachen kann

■ über einen Golfplatz rennen und sich vor dem Loch so lange drehen, bis man umfällt

■ ein Geisterhaus erkunden (ist noch mal ein Extraeintrag wert…)

■ Zigaretten drehen, die von Fr. Croft nur „Anti-Joints“ genannt werden, weil sie am Filter dick sind und nach vorne hin dünner werden…und weil eben nichts drin ist

■ auf dem Golfplatz an der Fahnenstange im Minirock tanzen

■ andauernd Eis essen

■ guten Gewissens (aber ohne wirklich nachzudenken) alle Kerzen ausblasen und dann im Dunkeln stehen ohne zu wissen wo der Ausgang ist

■ sich durch eine XXL-Büroklammer-Kette mit zwei anderen Patienten verbinden und vor der medizinischen Zentrale rumstehen

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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