Ein Besuch bedeutet für mich auch außerhalb der Coronakrise zunächst einmal Stress. Da ich durch diese Umstände jetzt gerade aber auch noch das Gefühl habe, dass ich niemanden sehen sollte und da eigentlich voll dahinter stehe und denke, dass das gut ist, fühlt sich das Ganze dann auch noch zusätzlich wie ein Bruch an und verstärkt mein ohnehin schon stark ausgeprägtes „Alleinseinwollen“.
Für die meisten Menschen gilt wohl die Devise: „Wenn mich eine Person mag, dann will er/sie mich auch sehen, nimmt sich die Zeit und freut sich auf mich!“ Ich empfinde das wohl leider etwas anders…
Bei mir beschränkt es sich nämlich erst mal auf das Mögen und dazu muss ich die Person nicht zwangsläufig sehen. Mir reicht da auch anderer Kontakt. Als nächstes folgt das Zeitnehmen. Für mich ist Zeit nämlich ein extrem kostbares Gut. Wenn ich jemandem etwas davon schenken möchte, hat er also einen wert für mich. Die Freude allerdings kommt sehr oft auch erst im Laufe der Gewöhnung an die Situation (dass jemand bei mir ist). Das wird auch immer besser wird, je öfter man sich sieht und schlechter, je weniger man sich sieht. Das hatte ich bis heute irgendwie nicht so gut reflektiert und daher auch noch nicht so recht in Worte fassen können.
Ich wusste bisher nur, dass ich mich nach einer Weile nicht wohl fühle, wenn ich einer Person zu viel Zeit schenke. Ab wann das jedoch der Fall ist, ist bei jedem unterschiedlich. Das geht oft einher mit einem schlechten Gewissen der Person gegenüber, weil ich ja eigentlich lieber alleine wäre. Ich brauche dann Momente für mich oder mit anderen mir nahe stehenden Menschen, womit die meisten nicht klar kommen (weshalb ich im Übrigen auch keine Beziehungen führen will).
Meine Grundstimmung ist eben so, dass ich mich am sichersten fühle, wenn die Menschen weit weg sind bzw. nicht in meiner Wohnung. Und wenn dann der Zeitpunkt naht, an dem jemand quasi meine „Festung der Einsamkeit“ (wie meine Nicht-Beziehung es so treffend nennt) betreten wird, macht sich ein komisches Gefühl der Unruhe in mir breit, das sich je nach Verfassung auch mal zur Panik ausweiten kann.
Ich hinterfrage dann, ob es die richtige Entscheidung war und ob ich nicht lieber alleine bleiben will. Und gleichzeitig versuche ich mich das nicht zu fragen, es einfach neutral zu belassen und mich nicht zu sehr ins Negative reinzusteigern. Denn in der Situation komme ich erfahrungsgemäß immer zu dem Schluss, dass ich wirklich lieber alleine sein will.
Da fragt man sich dann schon mal, warum ich überhaupt jemanden einlade… denn im Grunde ist es ja schon sehr verletzend für meinen Besuch, wenn ich nicht so wirklich vermitteln kann, dass ich mich freue, ihn zu sehen.
Ich weiß einfach, dass sich mit dieser Flucht-Einstellung rein gar nichts zum Positiven verändern wird, wenn ich es nicht doch versuche und mich dem ganzen stelle. Denn es ist gerade wegen dieser Alleinseinwollentendenz wichtig Menschen zu sehen, auch wenn ich mich im Voraus nicht so wahnsinnig freue wie mein Gegenüber. (Und in meinem Kopf freut sich Vergleich zu mir wohl jeder „wahnsinnig“.)
ABER: Jetzt ist irgendwie gefühlt nicht mehr der richtige Zeitpunkt das zu praktizieren…
Edit [23.04.2020; 0806 Uhr]: Einen Tag später klingen meine Worte schon ziemlich hart und emotionslos… obwohl da natürlich mehr Sympathie für den Besuch da ist, als man da jetzt zwischen den Zeilen rauslesen kann! Im Nachhinein freue ich mich schon, dass die Person da war und denke gerne an die Zeit und bestimmte Momente zurück, auch wenn ich im Moment des Erlebens wohl nicht so wirke… vielleicht sollte ich wirklich versuchen, an sowas mehr zu denken, wenn ich wieder mal jemanden einlade…
Für mich hätte es den Nachtrag nicht gebraucht. Aber vielleicht bin ich dafür einfach zu „anders“, um den Text nicht so hart und emotionslos aufzufassen ?
Auch wenn ich bei weitem nicht so ticke und ich meine Wohnung nicht als „Fastung der Einsamkeit“ sehe, sondern (abgesehen vom eventuellen Chaos im Haushalt) kein Problem mit Besuch habe, kann ich doch zumindest diese Aussage ein wenig nachvollziehen:
Rückblickend gesehen, könnte das ganz gut meine Probleme des Zusammenlebens mit anderen in einem Haushalt beschreiben. Ich habe nichts gegen Gesellschaft (mit ein wenig zeitlichem Wissen bzw. Planung vorab), solange es kein dauerhaftes „Aufeinanderhocken“ ist.
Oder du kennst mich mittlerweile auch einfach zu gut durchs Lesen und verstehst, wie ich so ticke, auch wenn du anders tickst. ; )
Und ja, das mit dem Zusammenleben ist wirklich ein Thema für sich… ich kann mir das auch so gar nicht mehr vorstellen! Ich möchte meine eigenen Erfahrungen, die ich damals mit Mr. Chocolate gemacht habe, zwar nicht missen, aber im Grunde war es schon immer mein Lebensziel so wie jetzt zu wohnen und unabhängig zu sein.