Es ist nur eine vergangene Mathearbeit, denke ich mir. Nichts Weltbewegendes. Aber dennoch kippe ich mir gerade einen Sekt nach dem anderen in den Kopf. Ich weiß, dass es nichts ungeschehen machen lässt. Ich weiß, dass das nichts an meiner Situation ändert. Nach den ersten fünf Sektgläsern werde ich immer noch die dümmste und die Klassenschlechteste sein. Die, die lernt bis zum Ende und bei der es dennoch nichts bringt. Die, die alles gibt, aber doch nicht genug ist. Die, die Freunde versetzt, ihr Schreiben in den Müll kickt, sich so gut wie bei niemandem mehr meldet, weil sie einfach keine Kraft mehr hat. Die, die keinen Stil mehr hat und auch kein individueller Mensch mehr ist. Und es ist dennoch nicht genug!
Das Abi anzufangen war vermutlich ein Fehler. Bisher bin ich daran nur psychisch zerbrochen. Aber ich werde weiterkämpfen, auch wenn das bedeutet, dass ich alles andere komplett vergessen muss: Freizeit, schreiben, lesen,…
Ich werde siegen, am Ende. Ich muss einfach. Und dazu werde ich mein Leben aufgeben und nur noch lernen. Ich will nur einmal besser sein als all jene, die nur mal „10 Minuten schnell den Lernstoff überfliegen“ und besser sind als ich. Ich will Gerechtigkeit und dass sich das, was ich gebe, auch irgendwo auszahlt. Bis jetzt hat es keinen Unterschied gemacht, ob ich einen Tag davor lerne oder eine Woche im Voraus anfange, alles zu gliedern. In beiden Fällen war ich mies.
Und…Ich will einfach kein niemand mehr sein…
Ich wollte alles geben, nicht als dumm dastehen. An der Punktzahl sieht man es jedoch: Ich bin das letzte. Doch was ist schon Intelligenz? Ich kann 14 Punkte in einer Arbeit haben, aber nicht wissen, was ich überhaupt mit meinem Leben anfangen soll und den halben Tag vor platter TV-Comedy verbringen. Ich kann zu dem Schluss kommen, dass Wikileaks ganz sinnvoll ist und alles darüber und über das Schweigen der Presse und die verfluchte Welt da draußen wissen, aber wiederum nicht gut genug in der Schule sein, weil das keiner abfragt. Und ich kann mich mit Engländern super unterhalten, aber 0 Punkte in Englisch schreiben, wo es um irgendwelche Sumpftötungen geht…(ja, ich stehe in Englisch auf einer sechs…).
Und ich frage mich…was ist das nur für ein System? Am liebsten würde ich rebellieren, aber ich stehe da ja relativ alleine da. Kann ich auch verstehen…niemand folgt den Versagern ins Verderben…
Und mich? Mich wird wohl keiner verstehen und meine Beschwerde sowieso nicht. Ich klappere die Nummern in meinem Handy ab auf der Suche nach einem Menschen, der auch nur annähernd versteht, warum ich nun auf dem Boden liege, an die Decke starre und heule. Aber es findet sich keiner. Keiner, der mir einen guten Rat gibt. Ich will Hilfe, will, dass jemand das nötige Verständnis aufbringt, will mich nicht allein fühlen da draußen, aber jeder hat ja sein eigenes Päckchen zu tragen. Und ich finde sowieso keine Person, die meinen Schmerz nachvollziehen kann…also stehe ich auf, hole mein Physikbuch raus und fange an zu lernen. Es gibt keine Welt mehr. Kein gut und böse, keine Freunde, keine Kontakte, kein Essen, kein Schlaf…nur lernen…um auch nur annähernd so gut wie der Durchschnitt zu sein…was Besseres habe ich anscheinend nicht verdient…
Hey Du,
es is wahrscheinlich komisch, dass ich Dir sowas schreibe, weil wir im realen Leben eigentlich interessanterweise noch nie ein Wort miteinander gewechselt haben^^ und ich weiß auch, dass es schwer ist, dir etwas zu sagen, was dir wirklich helfen kann. Weil ich nämlich in genau der gleichen Situation war, wie du es jetzt bist. Ich kann es abartig gut nachfühlen, was du beschreibst. Die Verzweiflung, die Hoffnungslosigkeit und das Gefühl, sowieso nie gut genug sein zu können – egal, wie sehr man sich anstrengt, und egal, was man alles dafür aufgibt.
Man kann jetzt tausendmal sagen, das Noten nichts über Intelligenz aussagen etc., aber im Prinzip ist es ja nun mal leider so, dass sie nach dem Abi darüber entscheiden, was aus einem wird. Das weißt du ja und daher will ich Dir mit sowas gar nicht erst ankommen.
Ich kenn dich nicht gut, ich lese nur, was du hier schreibst. Aber ich kann ja versuchen, dir zu sagen, was mir geholfen hat, denn ich halte dich echt für einen interessanten & talentierten Menschen, der sich wegen dem Abi auf keinen Fall aufgeben sollte – das ist es nicht wert. Du hast hier manchmal etwas von Depressionen geschrieben. Hab zwar keine Ahnung, wie krass es bei dir ist, aber als es mir so ging, wie dir jetzt (das hat sich auch über Jahre hinweg gezogen und ist eigentlich auch heute noch präsent), hab ich mir irgendwann klar gemacht, dass mein ‚Versagen‘ nicht daran liegt, dass ich zu faul oder zu blöd bin. Sondern, dass einen Krankheiten behindern können. Sie blockieren. Und als ich das erstmal in meinem Schädel drin hatte, wurde es besser, weil ich den Glauben an mich selbst wieder gefunden hatte. Und weil man dann versuchen kann, dagegen anzukämpfen, und nicht vollkommen resigniert.
Und die Sache mit dem Aufgeben von Freunden, schreiben etc. … man braucht doch einen Ausgleich._.
Ob du damit jetzt was anfangen kannst, weiß ich nicht. Aber auch wenn nicht, kannst du dich jederzeit melden, wenn du dich auskotzen willst^^ das mein ich ernst.
Liebe Grüße, pass auf dich auf.
Hey du,
na das ist in der heutigen Zeit ja „normal“…aber trotzdem wird es mal Zeit, sich im realen Leben zu unterhalten.
Was das Abi angeht, da bin ich wirklich überfragt, was denn nun das Rezept zum Überleben ist. Mein Problem ist, dass ich einfach in alles reininterpretiere, dass ich nicht gut genug bin. Es kann schon sein, dass dieser Gedanke mich irgendwie blockiert, aber ich sehe eben so gut wie gar
keine Erfolge, die mich positiv stimmen könnten. Und wenn, dann sind diese minimal im Vergleich zu den Erfolgen meiner Mitschüler…und sie sind somit wieder nichts wert…
Egal ob ich nun versuche, lässig an die Sache ranzugehen oder alles andere, was nicht mit Schule zu tun hat, streiche und lerne bis es nicht mehr geht…das Ergebnis
bleibt fast immer gleich schlecht…und das macht alles nur noch schlimmer. Was ich dagegen machen kann, weiß ich nicht…ich habe schon so gut wie alles versucht…ich habe versucht mir
einzureden, dass mir alles, was nicht mit mir zu tun hat, egal ist. Ich habe versucht, nur noch zu lernen und andere Menschen und meine Freizeit zu streichen, wobei einem aber auf Dauer die Decke
auf den Kopf fällt, weil es sich alleine nicht aushalten lässt. Und ich bin von zu Hause ausgezogen, damit ich in Ruhe lernen kann und mich keiner stört. Doch am Ende hatte alles den eigentlich
vorhersehbaren Null-effekt.
Zum Glück versuche ich mich momentan immer wieder aufs Neue zu motivieren…ansonsten wäre ich nicht fähig in die Schule zu gehen, was ja auch eine Zeit lang der
Fall war…
Vielen Dank für deinen Kommentar, es hat mich wirklich sehr gefreut, von dir zu lesen!
Liebe Grüße