Heute ist der 5. September. Ich bin seit genau drei Monaten mit dem Navi zusammen. In diesen drei Monaten habe ich mich an vieles gewöhnt, bin zugegebenermaßen recht (schreib)faul geworden und habe mehr gelebt, als mir wie sonst ein Leben ausgedacht. Ich habe auch viel gelernt. Einfacher ist jedoch nichts geworden. Eher komplizierter. Man muss sich mit den Kommentaren anderer rumschlagen, die versuchen, einen aufzuziehen. Man ist auf einmal selbst Liebeskasper und Pärchen, wovor ich am Anfang am meisten Angst hatte. Einfach eine Beziehung zu haben… Normalerweise sind es immer die anderen, die eine Beziehung haben und nicht ich. Journey und Beziehung hat für mich nie in einen Topf gepasst. Vielleicht liegt das aber auch nur daran, dass die Geschichte mit Jo so lange ging…jedenfalls ist meine Beziehung zu Beziehungen nie sehr gut gewesen.
Ein weiterer Komplikationspunkt ist der Altersunterschied. Ich sehe die 22 Jahre Unterschied eigentlich nicht als etwas Hinderliches, aber ich bin auch in einem anderen (Alters)Bewusstsein aufgewachsen. Meine Eltern sind älter als die meiner Mitschüler, ich war in jeder Klasse eine der ältesten und ich habe mich selten mit Gleichaltrigen verstanden, da diese mir einfach zu sehr weh getan haben. Kaum kommt ein Blondchen mit Ponyhof daher, bin ich als beste Freundin gestorben. Kaum tauche ich auf, wird gelacht. Ich stand jede Pause an der Tür und habe gewartet, bis das alles endlich vorbei ist und der Unterricht wieder anfängt, der zugegebenermaßen nicht angenehmer war. Was junge Leute angeht, so haben diese mein Leben nur negativ geprägt und es ist ein Wunder, dass mein Hass auf alle und meine ständigen Vorurteile auf den Reiter „Friedliche Koexistenz“ nach oben gerutscht sind. Man soll ja eigentlich keine Vorurteile haben und sich nicht so sehr auf etwas festlegen. Meine jetzige Klasse ist aber auch ganz okay. Die erste übrigens, in der ich mich wohl fühle und nicht jeden Tag Angst vor irgendetwas haben muss.
Aber nicht nur die verpatzte Jugend, auch die parallele Annäherung ans Nest haben mich zu meinem toleranten Altersbewusstsein geführt. Bei mir steht die Welt nun mal etwas Kopf. Ich habe meine Jugend eben nicht in Diskos verbracht, sondern mit Büchern, dem Spiegel und der High Society, dem Männerstammtisch und anderen Mit40er und -50ern am Tresen. Ich habe mich in Gesprächen bewiesen, immer mehr Selbstbewusstsein diesbezüglich bekommen, diskutiert, zugehört, gemeinsam gelacht,…das hat mich einfach zu dem gemacht, was ich jetzt bin. Ich habe noch sehr viel Respekt vor dem Alter, sehe mich aber eher als eine jener Generation. Unter Jugendlichen bin ich zugegebenermaßen auch nur in der Schule, bei Maze oder bei Mary. Aber ich könnte irgendwie nie was mit einem Kerl in meinem Alter anfangen. Da fehlt mir einfach zu viel.
Nun aber zum letzten und mit Abstand heikelsten Punkt: Navis Tochter. Ich verstehe mich eigentlich gar nicht mit Kindern, aber mit ihr komme ich gut zurecht. Die kleine ist vier und „liebt“ mich. Wir benutzen dieselbe Zahnpasta und essen dieselben Süßigkeiten. Das bindet. Es ist alles nur recht neu für sie, da die Eltern auseinander wohnen und ich die erste richtige Freundin vom Navi bin und das große Los habe, mich da irgendwie einzuleben. „Patchwork-Familie“ sage/schreibe ich nur. Aber ich weiß nicht, ob das gut ist. Für die kleine wie deren Mutter. Am liebsten würde ich mich da komplett im Hintergrund halten. Doch dazu ist es zu spät. Navi bindet mich da immer mit ein. Wie das weitergehen soll, weiß ich nicht. Navis Ex gefällt das jedenfalls gar nicht…ich bekomme aber auch nicht wirklich die Chance mit ihr zu reden. Ich bin zwar keine große Rednerin, aber ich habe keinesfalls vor, da absichtlich was durcheinander zu bringen. Wenn das Navi seine Tochter am Wochenende hat, halte ich mich da auch größtenteils raus. Und ich habe jedes Mal ein schlechtes Gewissen, wenn ich mich dann doch dazu überreden lasse, mit den zwei noch in die Eisdiele zu gehen. Eine komplizierte Sache…und eine Situation mit der ich gar nicht zurechtkomme, weil sie so neu ist und ich nicht weiß, was in dem Fall das pädagogisch wertvollere für ein Kind ist. Es vor solchen Dingen zu beschützen oder langsam aber direkt mit dem Ernst des Lebens zu konfrontieren.
Obwohl ich immer kurz davor bin, alles zu beenden, habe ich eigentlich schon noch vor, diese Beziehung weiterlaufen zu lassen. Nicht aus Zwang, sondern weil sie mir ab und zu doch recht gut tut, ich viel dabei lerne und liebe, Sehnsucht und das ganze Gedöns dabei sind…nur der letzte Punkt, der macht mir Sorgen…