Ich habe das hier mindestens zehntausend Mal angefangen. Das erste Mal als Kommentar beim Elch. Das zweite bei einer E-Mail und dann, ja dann habe ich mir gedacht, dass dieses Thema einen Artikel wert ist. Vielleicht ist das aber auch für die meisten meiner Leser gegessener Käse und klar, dass Sex zu einer Beziehung dazugehört. Aber stimmt das wirklich? Sind Liebesbeziehungen, in denen soweit alles stimmt, auch ohne Sex möglich?
Vielleicht versaue ich mir nun ebenso den Ruf, in dem ich ungefähr das Gegenteil von diesem Artikel denke. Ich wollte dem Elch eigentlich einen Kommentar schreiben, aber dann wurde das ganze doch zu komplex und ich habe mal gegoogelt, wie eine Beziehung ohne Sex funktionieren kann. Liebe und Sex ist ja eigentlich oder besser gesagt, sind ja eigentlich Themen für sich und das eine davon mag ich ja nicht so sehr. Weder aus theoretischer noch aus praktischer Sicht. Wobei…ich bin auch nicht immer versessen auf das Verlieben. Wenn ich denn überhaupt weiß, was das ist…
Aber ich versuche, das ganze dennoch aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Nämlich aus der Mainstream-Sicht.
Ich beschäftige mich ja trotz allem ziemlich oft mit dem Thema Liebe. Einfach nur mit Liebe. Dennoch komme ich nicht hinter die Phänomenologie dieses Begriffs. Ich habe schon viele Geschichten über die Liebe geschrieben, so vieles über das verliebt sein. Und dabei weiß ich nicht mal, wie Beziehungen funktionieren. Vielleicht hat Sky ja recht und das muss sich ausgleichen. Fifty-fifty. 50 % Sex, 50 % reden und sich verstehen. Wobei, das ganze Thema ist ja noch um ein weiteres komplexer. Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Sex und einer Beziehung ist ja psychologisch, physiologisch und philosophisch!
Und eigentlich sollte man unterscheiden, wenn man von Liebe redet. Es gibt sexuelle „Liebe“, die Liebe, die man seinen Freunden oder seinen Eltern entgegenbringt …und noch? Was ist dieses Gefühl, das uns aufwühlt, wenn er/sie nicht zurückschreibt, nicht anruft, sich nicht meldet? Woher kommt der Drang zu warten. Woher kommt die Sehnsucht nach der Zärtlichkeit von einer bestimmten Person? Ginge es hier nur um Sex und Fortpflanzung, gäbe es ja all das nicht. Dann könnten die Männer wieder ihre Keule auspacken, der Frau eins überbraten und sie in die Höhle schleifen. Ich denke, dass wir uns in dem Punkt doch etwas weiterentwickelt haben. Es stellt sich nur die Frage: Wie kam es dazu? Wie kommt es, dass Menschen nun unbedingt Beziehungen führen wollen? Dass der Mensch nicht gerne alleine und ein geselliges Wesen ist, das ist mir durchaus bewusst. Aber gesellig kann man auch mit Freunden sein. Sex hat man mit dem Partner. Und das nicht mal zu Fortpflanzungszwecken. Wie kommt es dann also zu einer Beziehung, die wohl aus beidem und mehr besteht? Und macht der Sex die Beziehung zu alles oder zu nichte?
Der Focus hat mich vor ein paar Wochen mit dem Titelthema Polygamie leicht geschockt, es war aber dennoch interessant zu lesen. Beängstigend neu, aber interessant… In Zukunft soll die Beziehung wie wir sie kennen mit Sex, Liebe und Vertauen aussterben. Es soll eine drastische Entwicklung stattfinden vom damaligen Spießertum über monogame Lebensabschnittsbeziehungen zu Polygamie.
Allerdings sind das nur Prognosen. Zukunftsszenarien. Und natürlich hat der Elch noch mit seinem Artikel recht und Monogamie ist von der Gesellschaft eher akzeptiert, als durch die Betten zu hüpfen, was als unmoralisch gilt. Trotzdem hüpft ein Mensch mehrmals durch die Betten in seinem Leben, wacht neben verschiedenen Personen auf, die er je nach dem liebt oder eben nicht und nur Sex mit ihnen hatte.
Das ist ja auch okay, solange man nicht untreu wird. P. aus M. meinte einmal, dass es Liebe ist, wenn Treue Spaß macht. Aber wie weit geht Liebe denn im allgemeinen? Es ist doch erwiesen, dass es nicht nur die eine große Liebe gibt. Aber wie geht denn die Liebe vorbei? Was ist das denn für eine Beziehung, in der das einander Mögen vorbei geht? Hält wahre Liebe denn nicht ewig? Seltsamerweise nicht. Vielleicht mag es das ja geben, Sky scheint zumindest daran zu glauben, aber ich denke, da muss man, wie der Elch schon meinte, ziemlich hart daran arbeiten. Da muss dann schon ziemlich viel stimmen und beide müssen sich darum scheren, dass es was wird. Ansonsten geht es auseinander, und das immer mehr. Die Scheidungsrate beweist es.
Und ich verstehe es trotzdem nicht. Oder doch? Von seinen Eltern und Freunden trennt man sich ja auch wenn es nicht (mehr) passt. Aber das auch nur, wenn irgendetwas passiert ist…etwas Unverzeihliches. Oder wenn die Interessen in die verschiedensten Richtungen ausschweifen. Seltener ist man noch mit den Freunden aus der Grundschule befreundet.
Aber was ist dann noch Liebe? Ich liebe viele Menschen. Ich liebe Tati, Mary, meine Flaschen aus dem Nest, meine Familie (auch wenn ich da eher auf Abstand bin)…und das Navigationssystem liebe ich auch. Ich liebe ja auch Dieter, meinen Ex-Freund. Das ist natürlich ein schockierender Satz. Aber wenn man sich gut versteht und wenn man gute Freunde sein kann, warum nicht? Es bleibt in dem Fall eben nur das Reden und sich verstehen. Und der Sex (zumindest bei anderen) fällt weg, weil Sex ja als Betrug gilt, wenn man in einer Beziehung ist. Als Betrug und Grund, eifersüchtig zu werden, gilt allerdings manchmal schon alleine das Reden. Eine seltsame Gesellschaft…
Vielleicht ist das auch der Grund, warum ich sehr gerne auf Sex verzichte. Er macht nur Probleme. Er bindet. Vielleicht will ich mich ja nicht binden? Vielleicht habe ich aber auch keine Ahnung von Liebe. Aber wer hat das schon? Wer kann mir mit Argumenten erklären, warum Liebe nicht gleich Liebe ist? Und warum man Beziehungen beendet, wenn die Liebe weg ist? Aber wie kann sie da sein und wie weg? Ist meine Art zu lieben vielleicht nur „seelisch“ und die Liebe einer Beziehung „hormonell“ und „biologisch“ erklärbar? Der übriggebliebene und doch zerstörte Fortpflanzungstrieb, der sich heutzutage in Pornos und Sex im Campingbus äußert?
Die Meinungen im Internet zu diesem Thema gehen zum Teil doch sehr stark auseinander. Ich habe mal gegoogelt und bin offenbar nicht die einzige Person, die sich die Frage nach Beziehungen mit Nähe, aber ohne Sex stellt.
Vor allem Frauen ergreifen häufig Partei für das Liebesargument. Männer hingegen sind häufiger der Meinung, dass ohne Sex nichts geht.
Frau: „Wenn du die Beziehung beenden willst weil sie kein Sex will, liebst du sie auch nicht“
Frau: „Muss es bei euch immer Sex sein?! Ja und dann habt ihr mal keinen Sex, ist doch egal. Geht euch immer nur um Sex. Dann geh doch in Puff zu ner Nutte“
Es gibt so einige Frauen, die einfach keine Lust verspüren. Mir sind diese jedenfalls sympathischer, als die, die sich zum Sex quasi überreden lassen. Als Person, die eine Beziehung ohne Sex anstrebt, findet man somit in diversen Internetforen sowohl ungerechte Ablehnung zu diesem Thema, als auch Verständnis.
Auf die Frage, wie lange man Beziehungen ohne Sex führen könne, gab es auch ziemlich unterschiedliche Reaktionen. Bei einigen waren es ca. 3 Monate, andere gehen sofort nach den ersten Tagen mit der Person ab ins Bett und kein Sex ginge ja mal gar nicht. Und wiederum andere könnten auch ohne Sex leben. Seltener jedoch die Männer…
Frau: „Ein Leben lang wenn die Liebe stimmt. Sex ist nicht alles im Leben. für mich zählen andere Sachen“
Mann: Wie bist du denn drauf?Frau: Traurig, wenn Menschen Sex so hochstufen. Es ist eine gute Sache, aber Liebe ist größer.
Des weiteren traten ziemlich interessante Fragen auf, wie zum Beispiel, ob jemand, der nicht (mehr) in der Lage ist, Sex zu haben, keine Liebesbeziehungen (mehr) führen kann. Denn müssen Zärtlichkeiten nur sexuell ausgetragen werden? Definiert Sex etwa Liebe?
Ein Mann zu einer Beziehung, in der die Frau keinen Sex haben kann/will:
„Auf Dauer macht das keinen Sinn! Schmeiß wech die sch… das würde nur zu Seitensprüngen führen. Es liegt in der Natur des Mannes! Frauen können da besser warten ! ;-)“„Zu einer Beziehung gehört der Sex, eine Beziehung ohne Sex gibt es demnach nicht, Freundschaft ist auch noch was anderes. Was mir ein wenig Sorgen macht, wenn du das Problem nicht hast, warum beschäftigt dich das dann so?“
Sex ist also das, was eine Liebesbeziehung ausmacht? Das Fundament?!
Frau: „Für mich ist Sex auch essenziell, aber ich denke nicht, dass er eine Liebesbeziehung definiert. Streng genommen ist Sex ja nur ein Mittel zur Vermehrung, das den meisten Menschen halt furchtbar viel Spaß macht. Aber sicher gibt es auch Männer und Frauen, die das nicht brauchen. Das heißt doch nicht, dass die dann keine Liebesbeziehung haben können?!“
Mann: „Das sexuelle Erleben ist für viele – insbesondere möglicherweise: Männer – das intensivste gefühlsmäßige Erleben. Und deswegen scheint es vielen unmöglich, darauf zu verzichten. Aber dieses Phänomen gehört zu den Mängeln der – kranken – modernen Gesellschaft, hat mit der Sozialisation zu tun und: ist KORRIGIERBAR!!“
Einig waren sich jedoch ziemlich viele, dass es rein theoretisch eine Beziehung ohne Sex geben könnte. Ich komme also mehr oder weniger zu dem Schluss: Wenn beide sich einig sind zu verzichten oder der eine mit der Haltung des anderen leben kann. Aus „Liebe“, welche das nun auch immer sein mag, dann ist das okay.
Allerdings wird das bei dieser Gesellschaft, wie der Mann in dem Forum meinte, sehr schwer. Und ehrlich gesagt habe ich da auch schon so meine Zweifel, was meine Beziehungen angeht. Ich habe nämlich immer dann Schluss gemacht, wenn der Kerl Sex mit mir wollte. Vielleicht mag mich die ein oder andere Person nun für unreif, kindisch oder irre halten. Aber das soll nicht mein Problem sein. Mein Problem ist ein anderes. Welches, das weiß ich nicht, aber jedenfalls steht mir eine beziehungslose Zukunft bevor. Und es schert mich nicht mal. Denn ich betrüge mich nicht selbst und bleibe meinen Prinzipien treu. Was das für eine Beziehung mit dem Navigationssystem ist, das kann ich so noch nicht sagen. Eigentlich ist ja fast alles vorhanden und perfekt. Ich liebe ohne Leid, auch wenn meine Liebe sich schwer im Ausdruck tut und mir diese Nähe zum Teil aus Selbstschutz sehr schwer fällt.
„Sex ist Ausdruck größter Intimität und Nähe. Und genau davor, nämlich Nähe, haben die „Platoniker“ große Angst. Daher lehnen sie Sex ab. Und weil sie das machen, eben aus Angst vor „zu großer“ Nähe, kann es dort kaum eine innige Beziehung geben, denn die setzt stets Nähe voraus.“
Aber es ist nichts für immer. Beziehungen für immer sind viel Arbeit. Ich müsste jetzt schreiben, dass es mir das wert ist, aber ich denke das alles muss erst noch etwas in Einklang kommen. Denn eigentlich wollte ich ja nie wieder eine Beziehung führen. Immerhin lerne ich nun mehr oder weniger, wie das funktionieren soll. Auch ohne Sex. Wenn es daran scheitert, dann soll es eben so sein. Das klingt zwar nicht sehr verliebt, aber mein Herz ist auch vorerst gebrochen genug…und ich bin nur vorsichtig…
Und wie denkt ihr über dieses Thema?
Ich erlaube mir mal etwas dazu zu schreiben… ; )
Ich erlebe Liebe sehr intensiv, wenn es mich mal erwischt. Wenn ich zum Beispiel mit S. zusammen war, war mehr als eine leichte Berührung nicht okay für sie. Natürlich respektiere ich solche Grenzen. Dennoch birgt sich dann in mir das Gefühl, dass ich nicht physisch ausdrücken darf, was ich psychisch empfinde.
Eine Berührung ist eine Ausdrucksweise für das, was ich empfinde. Empfinde ich mehr, berühre ich mehr. Ich möchte meine Liebe zeigen; so zu sagen unter Beweis stellen. Das ist auch eng damit verbunden, dass man ja dem Partner etwas gutes tun will. Da geht es eigentlich nicht um das Sex haben wollen, sondern darum, sich so sehr zu berühren, wie man sich liebt.
Das Thema One-Night-Stand ist dann aber auch wieder etwas anderes.