Was mache ich, wenn ich an Selbstmord denke und mir alles zu viel wird? Eigentlich schreibe ich dann. So wie jetzt. Aber was, wenn man nicht mehr in der Lage ist zu schreiben? Was ist, wenn man die Tasten nicht trifft und nichts mehr einen Sinn ergibt? Wenn man nicht nur an die Decke starrt, ein bisschen denkt, ein bisschen leidet?
Ich habe es aufgegeben, das Rauchen für eine gewisse Zeit aufzugeben. Eine Zigarette ist momentan das einzige, an dem ich mich festhalten kann. Und das mache ich auch gerade. Zittern, rauchen. Eine nach der anderen. Mir ist nicht kalt. Jedenfalls nicht äußerlich. Aber dennoch finde ich keine Ruhe. Innerlich.
Eigentlich sollte alles gut laufen. Ich versuche mir auch die ganze Zeit einzureden, dass alles gut ist. Aber es klappt nicht. Weil nichts gut ist.
Ich sollte Chemie lernen. Ich sollte mir Psychologie ansehen. Ich sollte vieles, ich weiß es. Aber letztendlich sitze ich nur da und rauche, nur um nicht daran denken zu müssen, dass das einreden versagt hat und mein Leben so sinnlos ist wie immer.
Ich habe eine Wohnung. Ich habe meine Freiheit. Aber es ist das schlimmste eingetreten. Das, von dem ich gehofft habe, dass es nie eintreten wird.
Es macht keinen Unterschied.
Ich habe keinen Grund mehr, der mich krank macht. Vielleicht bin ich auch einfach krank. Oder ich mache mich selbst krank. Es gibt so viele Erklärungen. Und mal wieder kein richtig und kein falsch.
Aber ich denke, letztendlich bin ich ein Mensch, der es schafft, trotz wenigen schönen Momenten im Leben das ganze als gescheitert zu beurteilen. Vielleicht bin ich sogar auch jemand, der etwas Gutes solange killt, bis es mich killt.
Ich lebe sozusagen zwischen der Sehnsucht nach Etwas und dem Ende des Etwas; wenn ich es dann haben sollte. Weil es zu einfach ist. Weil mir Leid schon so tief im Kopf sitzt, dass sowieso alles enden muss und schlecht ist.
Aber dennoch suche ich nach diesem Etwas, das die Sehnsucht stillen könnte. Diesmal war es Liebe. Richtige Liebe ohne Leid. Aber letztendlich wird die Sehnsucht, oder was auch immer mich antreiben mag, wieder nicht gestillt. Nicht im Job, in der Schule sowieso nicht und Liebe…ach…ich denke, ich habe hier oft genug erläutert, warum das auch nicht geht. Und es stimmt. Es geht nicht. Ich denke in jedem Fall nur ans Ende. Ich habe auch kein Haustier, weil es irgendwann sterben wird. Und ich habe keinen Freund, weil die Beziehung zum Scheitern verurteilt ist. Ich habe gar nichts, weil alles endet.
Und was mir unmöglich ist, ist dieses Genießen für den Moment. Ich merke immer nur im Nachhinein mit Schmerz und Trauer, dass es doch ganz gut war. Aber nie im Moment. In den Anfängen denke ich ans Ende. Und am Ende denke ich an den Anfang…
Am liebsten würde ich mir mit einer Bekannten ein Haustier kaufen. Als Test. Aber entweder, es wird durch meine Psychosen weglaufen, oder wir werden eine so innige Beziehung haben, dass mich das Ende wieder davon überzeugt, dass alles schlecht wird.
Egal, was ich mache…was am Ende immer dabei rauskommt, ist klar: Die Sehnsucht nach meinem Ende.
Und das schlimmste ist, dass ich das keinem so sagen kann. Mary will’s nicht hören, Tati vermutlich auch nicht und ich glaube…es will GAR keiner hören. Immer kommt dasselbe dabei raus. Es heißt immer nur „Oh/Ach Julia…“
Es stimmt. Natürlich stimmt es. Alles hat perfekt und fröhlich zu sein. Für Leid gibt es keinen Platz…paradox. In einer Welt aus Leid…vielleicht ist das aber auch nur meine subjektive Wahrnehmung. Oder ich sehe nur Leid, weil ich mich selbst darauf ausrichte, nur Leid zu sehen…na einer muss es ja sehen. Aber dass einer alles sieht…das ist auch höchst seltsam. Aber ich bin das ja auch…seltsam…
Ich höre es zwar nie direkt, aber diese Gesellschaft scheint so zu denken: „Leid…?! Wäh, geh weg damit! Das Leben ist doch so schön!“
Ja. Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen. Und wisst ihr, was mich wirklich killt, Tag für Tag? Der Gedanke, dass wenn ich mich umbringe, diese verdammte Ellenbogengesellschaft so weiterdenken wird wie bisher. Und das, obwohl sich hier in Deutschland jede Stunde einer umbringt. Mein Tod wird also auch nichts ändern. Nadines Tod auch nicht…
Ich hasse diese Welt mehr und mehr…