Versoffen, verzockt, verloren.

Ich saß heute Abend am Tisch mit meinem Dad, Larry, dem Maserati-Fahrer und anderen Bekannten. Die einzige Frau, aber das bin ich ja gewohnt. Was mir allerdings ungewöhnlich erschien war die Tatsache, dass mir Jo quer über den Tisch gesagt hatte, dass ich super aussehe. Und das zwischen die Gespräche der anderen. Er ist schon korrekt. Wenn auch auf seine eigenartige Art und Weise. Aber daran habe ich auch nie gezweifelt. Nachdem ich in seine Rolle geschlüpft bin und mit Beleidigen anfangen habe, so wie er immer, verhält er sich jetzt auf einmal nett. Die letzten beiden Male, als wir Worte gewechselt haben, verliefen ungefähr so:

1. Jo (betrunken): Scheiße, siehst du gut aus! Ich: Du aber nicht!. Jo: Korrekt!

2. Jo: Jaaa! Los, das packst duuu! (Er hatte mich beim Boule-Turnier angefeuert) Ich: Und du bist jetzt mal ganz still!

Ich war ziemlich fies. Komischerweise ist mir das egal. Er ging mir eben auf den Keks.

Jo grinste mich also an, ich grinste zurück und nahm nicht weiter Notiz davon. Aber es ist nett, dass er mich noch akzeptiert. Nach all dem Chaos, das ich mit meinem Liebeswahn angerichtet habe…

Ich war froh, dass alles wieder normale Ausmaße annahm. Und zwar ganz normale. Ohne Beziehung, ohne Liebe, ohne Hintergedanken. Ich muss nun zugeben, dass ich Jos Gesellschaft etwas vermisst habe. Und natürlich endlich mal wieder unter Leuten und nicht alleine mit Dieter an der Theke zu sein. Das hat mir gefehlt. Ich habe sowieso das Gefühl „allen in der Kneipe zu gehören“. Und nicht nur Dieter oder einem Kerl, dessen Freundin ich so ganz nebenbei bin. Wenn sich alle Kerle aus Spaß über mich streiten gefällt mich das besser. Freiheit eben…

Ich stand heute morgen mit einem komischen Gefühl auf. Erstens, weil ich meinen Handywecker nicht gehört habe, weil es ein Song und kein Klingelton war und zweitens wegen Dieter. Weil ich genau weiß, dass er mich wieder anrufen wird, wenn er voll ist. Und ich habe ehrlich gesagt keine Lust mit jemandem am Telefon zu diskutieren, der nichts produktiveres hervorbringt als mit de Ohren vollzulallen und mir zu sagen, dass ich doof bin. Heute Mittag ging es gerade weiter. Ich habe nämlich gestern Nacht zu ihm gemeint, dass ich müde bin und früh aufstehen müsse. Er war natürlich sauer. Betrunken kann man ja so schön Probleme lösen…
Dieter ist eigenartig. Ich hatte nie ein Problem mit ihm. Ich hätte mit diesem Beziehungsquatsch nicht anfangen sollen. Einfach, weil es nicht passt. Am Alter messe ich das nicht. Aber am Alkohol und seinem mangelnden Interesse an allem. Und der mangelnden Stärke. Ich verstehe den Mann nicht. Er ist 48 und benimmt sich wie ein Kind…sagt nur „Ich will“, tut aber nichts dafür.
Als ich in Jo verliebt war, habe ich wenigstens gekämpft. Um Intelligenz. Um Anerkennung. Durch Jo habe ich gelernt „Verpiss dich“ zu sagen, was zwar nicht so schön, aber manchmal notwendig ist. Vom Dieter kann ich nichts lernen. Und er von mir auch nichts. Was sollte eine 19-jährige ihm denn schon beibringen? Ich habe ihm gesagt, er soll sich Interessen anschaffen. Es war nicht Recht. Ich habe versucht ihn ein bisschen von Alkohol wegzulotsen. Auch nicht Recht. Für so was habe ich keine Nerven. Bzw. es belastet mich nicht, nimmt mir aber zu viel Zeit in Anspruch. Und da er ja keine Hilfe will….wozu braucht er mich dann? Ab und zu als Ausgleich? Und dann wieder Saufen? Bei allem Respekt. Ich habe auch noch Ansprüche…

Alles in allem bestand mein Tag heute aus Rechnungen sortieren, in einen Umschlag stecken und frankieren, in die Stadt gehen, in der Bücherei was ausleihen und dann ins Nest. Zwischendurch habe ich aber immer wieder nachgedacht. Ob ich zu hart Schluss gemacht habe. Mir wäre es egal. Aber der Dieter muss mich ja jetzt für ein Arschloch halten. Erst ja, dann nein, dann ja, dann Hoffnungen machen, dann fallen lassen. Dabei war ich mir ja selbst nicht sicher, was ich wollte. Bis ich angefangen habe mich zu fragen, was ich definitiv nicht wollte. Und das war eine Beziehung.
Er rief natürlich an und nahm die Schuld auf sich, beschimpfte sich als Arschloch und mich als armes, empfindliches Mädchen, dass er so sehr verletzt habe. Dabei ging es mir gut und ihm schlecht. Es ist wahrhaftig wie im Kindergarten…ich habe gemeint, dass das mit uns von vornherein zum Scheitern verurteilt war.
Morgen dürfte ich an diesem Thema weiter rumhacken. Aber ich mache das nicht mit. Ich wünsche mir einfach nur, dass Dieter wieder klar im Kopf wird und mich als mich sieht und nicht als das, was er mich jetzt sieht. Was immer das auch sein mag, „ich bin’s nicht.“ Hat Jo mal zu mir gemeint. So wiederholt sich der Kreislauf…

 

Spruch des Tages:

Larry (hat manchmal einen IQ von 5 , ist aber sonst nett und der Bruder von A. – Jo’s bestem Freund): Ja Jo, du bist doch au intelligent!
Jo: Okay…was meinst du mit auch?!

Posted by Journey

Kategorie: Allgemein

Autor: Journey

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