„Ich komme gleich wieder“, sind die letzten Worte, die ich zu ihr sage.
Nun ist nichts mehr, wie es einmal war. Ich bin weg. Und zwar für immer. Sie und ich – wir sind geschiedene Leute. Und jeder kann wieder seinem Leben nachgehen – für sich.
Andererseits ist am Ende jeder Beziehung, falls man meinen Abgang als solches bezeichnen kann, alles wieder wie am Anfang. Und wieder nichts gelernt! Wieder suchen, wieder vertrauen lernen müssen, wieder und immer wieder versuchen einen Menschen an sich zu binden.
Aber nun werde ich diesen Teufelskreis, der sich als Suche nach dem richtigen Lebenspartner bzw. der richtigen Lebenspartnerin tarnt, durchbrechen. Ich steige aus. Ich will endlich den Sinn hinter dem Ganzen erfahren. Ich will wissen in wie fern eine Beziehung zum Leben gehört und ob man auch alleine überleben kann.
Ihr kennt mich vermutlich nicht und ich maße mir auch nicht an zu behaupten, dass ich mich kenne. Jede Schwäche, jede psychosomatische Störung, jeder Teil meines Körpers ist mir zwar vertraut, aber „kennen“ beinhaltet weitaus mehr. Wer sich kennt, sollte weitgehend keine Fehler mehr begehen, sollte immer wissen, was richtig und gut für ihn ist und vor allem nicht mit stundenlanger Sehnsucht und naiv in die Welt hinaus gehen. Wer sich kennt, kann sich umbringen. Er weiß ja alles, kennt sich und seine Psyche und legt sich damit fest. Stillstand nennt man dieses Festlegen. Und die meisten verharren in diesem Stillstand ihr halbes Leben und dann kommt die große Midlife Crisis: Ach, da soll noch was im Leben kommen? Oh Mist, ich bin ja schon 29! Mein Leben ist vorbei! Hilfe, ich bin Single!
Natürlich ist das rational gesehen Quatsch. Kennen ist eine Illusion hervorgerufen durch Vorurteile und fehlender Bereitschaft, etwas Neues erleben zu wollen, erleben zu können.
Allerdings…zu sagen, wen ich am allerwenigsten kenne, ist nicht schwer. Kein Kunstwerk. Es ist nur wie ein Rätsel. Wie der Da Vinci Code. Wie ein Buch von einem genialen Autor, der alles gemeint haben könnte. Nur, dass man die Sätze selbst schreiben muss und einem die Interpretation auch keiner abnimmt. Es ist eine Frau. Genauer gesagt meine frisch ver(h)exte Ex; auf die ich in letzter Zeit mehr oder weniger einen getrunken habe. Auf ex heißt es doch immer, wenn man sein Glas mit Hochprozentigem in einem Zug leert.
Und dabei bin ich gerade. Frusttrinken nennt man das unter halbpubertären Jugendlichen, die in ihren Kopp Wodka Bull kippen ohne Ende und nicht wissen, dass es alles sogar noch schlimmer macht und nicht besser. Weil man betrunken nicht mehr bei sich ist, sich Sachen einredet und sich vor allem in Dinge hineinsteigert. Kinderkram. Ich trinke, weil ich einerseits mein Alleinsein feiere und andererseits am nächsten morgen mit anderen Sorgen aufwachen will als mit der, vermutlich einen Fehler begangen zu haben. In diesem Sinne ist es allerdings auch nicht viel reifer als das Komasaufen und die ganzen 13-jährigen, die provozierend herumlungern wie auf dem Straßenstrich.
Was ich aber eigentlich sagen will ist, dass man als frischer Single lieber nicht trinken und den Schmerz des Verlassenwerdens oder der Einsamkeit bei vollem Bewusstsein spüren sollte. Dann lernt man vielleicht was draus. Aber so wie ich das hier sehe, ist die Wahrscheinlichkeit ziemlich gering, für die nächsten 50 Jahre komplett beziehungsresistent zu sein und zudem noch resigniert zu haben was One-night-stands, den Puff, das sinnlose Betrinken und Sex an sich angeht. Die Gesellschaft nimmt Auswüchse an, da würden sich Kant und Nietzsche im Grabe umdrehen. Und keiner ist fähig mit sich selbst zurecht zu kommen.
Heutzutage ruft man betrunken Leute mit seinem Handy an und will alles wieder geradebiegen, weil man Angst hat etwas zu verpassen und jemanden zu verlieren. Und im Grunde genommen weiß man gar nicht, was man eigentlich will. Polygamie oder Monogamie? Sex und/oder Liebe? Heiraten? Hetero oder Homo? Kinder?!
Betrinken dürfte man sich meiner Meinung nach also nur, wenn man in Neuseeland ist. Und das auch noch ohne Handy mit ihrer oder seiner Handynummer, die aus reiner Nostalgie immer noch gespeichert ist. Man kann mir glauben, dass mit bestimmter Sicherheit irgendwann der Satz „Du liebst mich nur betrunken!“ mit einem nachhaltigen tuuut tuuuuut tuuuuut folgen wird.
‚Aber es war doch nur Nostalgie!’, wird so manch einer schon gedacht haben. Mehr war es aber auch nicht.
Es gibt Leute, die begründen die Antwort auf die Frage, wie Beziehungen funktionieren, ganz einfach: Mit Konservativismus. Freundin finden, heiraten, Kinder, Häusle bauen,…das gehört einfach zum Leben. Es wird einem doch Tag für Tag unter die Nase gerieben. Fernsehen, SMS-Chat, Internet-Single-Börsen und Kontaktanzeigen. Ja sogar die Tages-Zeitungen lassen einem keine Ruhe. Ist man denn so verzweifelt? Muss man sich das wirklich und allen ernstes antun? Die Deutschen und auch der Rest der Welt sollten lieber mal auf ihre Bildung achten und nicht hoffen, dass sie schon irgendein Depp ernähren wird und sie die Liebe ihres Lebens finden, weil das ja anscheinend der Sinn vom ganzen Leben sein soll. Hauptsache man liebt und man hat Sex. Und alle irren durch die Gegend auf die Suche nach dem/der richtigen. Das macht unglücklich, verstört, kaputt, verursacht Komplexe, aber härtet (hoffentlich) auch ab.
„Ich brauche Zeit zum Nachdenken“, sagte ich natürlich nicht zu meiner Ex. Nein, ich sagte nur, dass ich eben schnell mal Zigaretten hohlen bin und gleich wiederkomme. Und dann kam ich nie wieder. Ich stieg sozusagen auf inoffizielle Weise offiziell aus diesem Nehmen-und-Geben-Spiel aus. Das ist zwar auch nicht die feine Art, aber es erspart einem Ärger. Was es einem nicht erspart, ist ein schlechtes Gewissen.
Immerhin kann meine Ex unbesorgt sein: Ich stürze mich nämlich nicht sofort in die nächste Beziehung und heirate, damit ich am Ende nicht alleine dastehe. Ich frage mich aber trotzdem, was sie nun von mir halten wird. Und ich weiß, ich mache es mir nicht gerade einfach, wenn ich mich das frage. Ich bin ja mit meinen Gedanken auch so schon am Ende. Aber mit Beziehungen oder Ex-Beziehungen ist es auch ein ewiges Hin- und Herargumentieren. Und ich versuche zudem noch beide Seiten der Beziehungsmedaille zu sehen, was es mir noch schwerer macht auf der Suche nach dem richtig und falsch. Auf der Suche nach dem Sinn…nach irgendetwas Beständigem. Etwas, dass nicht so lose im Raum schwebt wie Liebe.
Liebe!? Was bedeutet schon Liebe!
Ich könnte jetzt irgendeine dieser Frauen, die an der Theke sitzen und ihren Mittagspausen-Kaffe trinken, abschleppen. Wir könnten durchbrennen und uns für frisch verliebt und jugendlich halten. Bei uns würde der Sex auch ausreichen, um das Verlangen nach Nähe zu stillen. Aber was habe ich davon? Irgendwann werde ich wieder hier sitzen, mit meinem Bier, und eine nach der anderen rauchen, während meine Freundin denkt, ich sei wirklich eben schnell mal Zigaretten hohlen gegangen.
Bitte, versteht das nicht falsch. Ich mag Frauen. Sie sind mir so fremd vom Denken her, dass es mich geradezu fasziniert. Aber ich bin einfach beziehungsunfähig. Egal wie gut der Sex ist oder wie sehr ich eine Frau „liebe“.
Ich habe mal in einem Buch gelesen, dass Frauen anders lieben als Männer. Männer unterscheiden zwischen Sex und „Liebe“, Frauen werfen das anscheinend in einen Topf.
Doch kann es eigentlich auch Liebe ohne Sex geben? Ist die wahre Liebe vielleicht auch eine Liebe ohne Sex? Frauen hätten dann wenigstens weniger Stress: Was ziehe ich an, wie mache ich dies und jenes, damit ich ihm gefalle, bin ich auch nicht zu dick…?
Dieser ganze Stress wäre ohne Sex überflüssig. Vor allem aber müsste man sich nicht einen kühlen Gesichtsausdruck ansehen, wenn man einmal zwei Sekunden komplett oberflächlich und wie ein typischer Arschloch-Mann auf die Beine einer anderen starrt. Bei Frauen muss man bei diesem Thema sehr vorsichtig sein, denn sie leiden unter akuten körperlichen Komplexen…aber wie sollten sie auch anders denken, wenn sie sich Heidi Klum und diese ganzen in meinen Augen furchtbar langweiligen Frauen als Vorbild nehmen, die anscheinend auch noch „gut“ aussehen? Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Und Kate Moss, Heidi Klum und Victoria Beckham sind in meinen Augen weder schön, noch besonders.
Was Sex und ebenso die Liebe angeht, so gibt es sowieso nicht die perfekt einheitliche 90-60-90-Frau, die jedem seit Jahrhunderten gefällt. Früher gab es Frauen ohne Oberweite und mit breitem Becken und keiner hat sich beschwert. Heute gibt es Mädels, die hungern und erbrechen, um so perfekt wie möglich zu sein, während auf der anderen Seite der Erde nicht mal was zu trinken vorhanden ist.
Aber wenn ich es mir recht überlege, dann gibt es vielleicht verschiedene Arten von Liebe und Sex, wobei das eine und das andere sich überschneiden. Beides lässt sich allerdings nicht gleich setzen. Denn der Sex an sich hat nichts mit Liebe zu tun und deshalb gehe ich davon aus, dass die Liebe an sich nichts mit Sex zu tun hat. Vielleicht ist das ja wie eine Skala. Auf der einen Seite steht die immer noch undefinierbare Liebe und auf der anderen der Sex.
Liebe – Freunde/Eltern/Familie – Ehe – Beziehung – Puff – Sex.
So in etwa stelle ich mir das vor. Doch was ist die Liebe eigentlich? Das Wesen der Liebe ist jedenfalls grenzenlos und hängt nicht direkt mit einer Beziehung oder der Ehe zusammen. Nicht jeder, der sich liebt, heiratet auch. Und ob man es glauben mag oder nicht: Nicht jeder, der heiratet, liebt sich auch.
Manchmal liebt man auch nur seine Freunde. Und seine Eltern liebt man im Normalfall auch, egal wie sehr sie einem früher auf die Nerven gegangen sind. Aber wie ist das denn nun mit „der Liebe“? Ist sie Grundvoraussetzung für eine Beziehung, die man hegen und pflegen muss, weil es eine Kunst ist, sie nicht verkümmern zu lassen? Das scheint jedenfalls harte Arbeit zu sein.
Ich zumindest gebe offen und ehrlich zu, dass ich das nicht kann. Und deshalb sitze ich doch hier, mit meinem Bier, um 13 Uhr in der Kneipe an einem Dienstag, während meine Ex seit 20 Minuten auf meine Marlboro und mich wartet. Mein Kopf kennt die Antwort. Aber irgendwie koliert das mit meinem Herzen. Oder dem, was davon übrig ist. Ich meine, ich könnte mir etwas Glaubhaftes ausdenken, warum ich betrunken vom Zigaretten holen zurückkomme. Aber was bitte hätte ich dann erreicht? Ich weiß, dass es so, wie diese Beziehung ihren Lauf genommen hat, jedenfalls nicht einfach so vor sich hin plätschern kann. Meine Ex mag das ja anders sehen. Ich nicht. Und in diesem Punkt, weiß ich, dass es besser wäre zu gehen. Ich bin nicht feige und nutze sie aus, bis sie mich mit einer Vase in der Hand, die auf mich gerichtet ist, als Chauvinistenschwein beschimpft. Ich bin nur in dem Punkt feige, dass ich nicht vor ihr, live und in der Realität Schluss machen kann.
Ich kann ihr einfach nicht sagen, was mich schon seit Wochen treibt und was genau mir durch den Kopf geht. Ich meine, ich liebe sie gewissermaßen, sie war Teil meines Lebens, ich konnte mich mit ihr über alles unterhalten und sogar der Sex war mehr als Klasse. Jeder hatte so seine Freiräume, die ihr wie mir auch zustanden. Wir hätten heiraten, eine günstigere Steuerklasse bekommen, ein Haus bauen, ein neues Leben am Ende der Welt beginnen können…herrje, es wäre doch alles noch offen gewesen! Ja…so scheint es vielleicht. Nach außen. Was ich fühle ist aber schwer zu beschreiben. Ich kann weder ohne sie, noch mit ihr. Wenn sie da ist, für mich da ist, wünsche ich sie mir oft weit weg. Weil ich das Leben mit Sicherheit auch ohne sie schaffe, schaffen will. Doch wenn sie weg ist, kommt diese tiefe, unergründete Sehnsucht. Diese Angst. Diese Leere, die sich mit nichts anderem füllen lässt. Nicht einmal mit Alkohol.
Aber irgendwie ist alles zu negativer Gewohnheit geworden. Die Liebe, bei der man früher gedacht hat, dass es wirklich keine Grenzen gibt, dass selbst der Tod keine mehr darstellt. Die Liebe, die wahre Liebe, die sich um keine Entfernung, kein Alter, kein Aussehen und keinen Kontostand schert. Die Liebe, der Cellulitis, kleine Fettpölsterchen und Bierbäuche egal sind. Aber gibt es sie überhaupt noch, die Liebe?
Und gerade ich frage mich das. Ich bin wohl eher der Beweis dafür, dass es sie nicht gibt. Ich stehe für all die Kerle, die ihre Frauen alleine lassen, obwohl diese alles gegeben haben. Vielleicht bin ich aber auch nur zu anspruchsvoll, was die Frau angeht. Ich verschwinde, wenn es mal so nicht funktioniert, wie es meiner Meinung nach sein sollte. Wenn sich nicht bei jeder Berührung, jeder Geste, allein schon beim Anblick der Himmel auftut, die Erde unter mir bebt und das Meer sich teilt. Wenn alles in Diskussionen endet. Wenn nach Jahren die Leidenschaft verpufft und da nichts mehr ist. Nur das Nichts… Aber ist es überhaupt möglich, dass Liebe „alles“ sein kann?
Marquis de Sade hat einmal behauptet, dass das Verlangen nach Liebe, bis zum Äußersten getrieben, ein Verlangen nach dem Tod sei. Also: Alles im Zusammenhang mit Liebe ist Mord. Süß. Herzzerreißend, wenn man sich komplett aufgibt für den anderen. Wenn man sich so nah sein will und nur die Ewigkeit dieses Verlangen stillen kann. Aber dennoch Mord.
Ich saß einmal mit einem Mann in einer Kneipe und da wir beide schon etwas angetrunken waren, traute ich mich, ihm eine Frage zu stellen: „Was ist eigentlich Liebe und wie entsteht sie?“ Der Mann meinte, die Liebe entstehe erst in der Beziehung. Ich war und bin allerdings der Meinung, dass man vielleicht in einer Beziehung lernen könne, miteinander umzugehen. Und vielleicht, ja vielleicht entstehe ja eine weitere Art von Liebe und Vertrauen in dieser Zeit. Aber in wie vielen Fällen geht das gut? Man gibt doch auf, wenn die Dinge, die einem nicht am anderen passen, Oberhand nehmen. Ist die wahre Liebe also die, die den Menschen so nimmt, wie er ist ohne ihn verbiegen zu wollen? Und: Ist das heutzutage überhaupt möglich?
Es scheint somit die verschiedensten Vorstellungen von Liebe und Beziehungen zu geben. Und man spricht ja auch von vergänglicher oder unerwiderter Liebe. Und von Besitzanspruch. Man denkt sich, man kann jemanden besitzen, wenn man erst einmal zusammen ist. Man kontrolliert diesen jemand und sperrt ihn in seinem eigenen Körper ein. Das nennt man dann Treue. Aber hat das noch etwas mit Liebe zu tun? Eifersucht ist nicht umsonst eine Todsünde. Und wenn man jemanden wirklich liebt, dann lässt man ihn frei. Und wenn dieser jemand einen liebt, dann legt er sich selbst die Kette der Treue um den Hals und hat Spaß daran. Nur…! Bei welchem Paar funktioniert das? Wir Männer sind ja ohnehin als die Sex-Arschlöcher schlechthin bekannt. Wir sehen uns Pornos an, reden am Stammtisch über Frauen und sind anscheinend wo es nur geht untreu. Und nur, wenn ein Mann sein Sexverhalten in den Griff bekommt und aus Liebe bei seiner Angebetenen bleibt, sind wir vorbildlich.
Ich habe mich zumindest bemüht, alles „richtig“ zu machen. Ich wollte es so perfekt haben wie im Film mit Happy End, im Buch mit einer atemberaubenden Geschichte oder in einem Song, der einen nicht nur vom Gesang, sondern auch vom Text her tief berührt. Und alles, was mir letztendlich aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass Liebe unberechenbar und in manchen Fällen viel zu falsch ist. Jeder liebt zwar oder glaubt zu lieben, doch die wenigsten dieser Menschen haben überhaupt eine Ahnung. Sie suchen nach dem Traumpartner mit Sixpack oder mit Doppel-D und ansonsten schlanker Figur. Oder sie suchen bewusst jemanden mit Millionen auf dem Konto. Und das ohne zu wissen warum. Sie wollen alle nur, dass ihnen ein Leben gehört, dass nicht ihres ist. Sie wollen alle die Leere in sich füllen. Aber sie müssen feststellen, dass das nicht geht. Wenn ich alleine bin, will ich eine Beziehung. Wenn ich eine Beziehung habe, will ich meine Ruhe. Wenn ich eine Familie habe, endet die Karriere. Wenn ich mich für die Karriere entschieden habe, ist es meist zu spät für eine Familie – zumindest was Frauen angeht. Und wie versuchen wir Tag für Tag die Leere in uns zu füllen mit Dingen, die Spaß machen, mit Essen, mit nicht-Essen, mit Kosmetik, mit Sex, mit Liebe, mit Alkohol, Drogen und am Ende ist das Ergebnis immer dasselbe.
Ich persönlich bin nun zu dem Schluss gekommen, dass diese Leere in mir, die durch meine Beziehung hervorgerufen wurde, zu groß geworden ist. Ich will mit dieser Frau, meiner Ex, nicht mehr streiten. Nicht mehr diskutieren. Nichts mehr infrage stellen. Ich halte es ehrlich gesagt nicht mehr aus, das da jemand ist außer mir. Mit Sicherheit gibt einem das Sicherheit und am Anfang ist es ganz schön, aber irgendwann ist Schluss und die Zeit ist um. Und es lässt sich nichts mehr verhindern. Man versucht es nicht einmal. Denn es geht einem im Grunde genommen das gemeinsame, vertraute auf einmal auf die Nerven. Dann will man nur noch alleine sein, denn das ist irgendwie realistischer als die Zweisamkeit und dieses Gemeinsam-einsam, das man anstreben soll. Dann kämpft man auch nicht mehr. Dann gibt man auf und rennt weg.
Es gibt Leute, die diese Beziehung allerdings komplett kaputt machen. Und zwar, indem sie sich gehen lassen. Sie haben ja jemanden, die Suche ist zu Ende, man lässt sich also gehen. Ich habe mich nicht gehen lassen. Noch nie. Ich gehe einfach. Ob das der bessere Weg ist und ob ich dadurch jemals „ankommen“ werde wie in den Songs, in denen sie von der großen Suche, den 100 %, Herzschmerz und anderen Dingen singen, stellt sich wiederum von selbst infrage.
Irgendwie kommt es mir vor, als würden sie im Radio heute nur Lieder spielen, die mich an bessere Zeiten erinnern. Die mich irgendwie zum Zurückgehen inspirieren. Zum nicht-Aufgeben. Zum für die Liebe kämpfen, aufs Herz hören, der Seele Freiraum geben… Aber im Grunde genommen kommt nichts mehr. Keine Reue. Ich bleibe sitzen. Fühle mich ausgelaugt und seltsamerweise ein bisschen alleine. Ich lasse mich auf eine andere Art und Weise gehen…bis es vorbei ist.
Ich bin dabei mich nach und nach zu verlieren. Zu versinken in meiner Selbst, im Alkohol, in der Suche nach dem Sinn einer Beziehung, meiner Beziehung. Manchmal aber annullieren sich Sinn und Unsinn. Und sich nach dem Sinn einer Partnerschaft zu fragen ist eine ähnlich philosophische Frage, wie die nach Gottes Existenz. Es gibt keine Beweise dafür, dass es ihn nicht gibt. Aber auch keinen dafür, dass es ihn gibt. Jedenfalls nichts Handfestes. Keine nackten Tatsachen. Nur der Glaube. Mehr nicht. Den Glauben an eine funktionierende Beziehung habe ich jedenfalls verloren. Sicherlich gab es ihn. Irgendwann vielleicht einmal. Als man noch jung war, alles ausprobiert hat. Als man noch keine Ahnung davon hatte, was nächste Woche sein wird. Oder wie die nächsten zehn Jahre konkret aussehen sollen.
Heute weiß man es doch besser. Mit der Zeit ist irgendwas in einem kaputt gegangen. Das naive spielerische, wenn auch kindische macht Angst und Realität platz. Keiner will sich ins Unglück stürzen. Alle wollen alles besser und vor allem richtig machen. Und richtig ist relativ…dennoch leben wir in einer Welt, die vom Perfektionismus und von Antirelativisten angetrieben wird.
Aber man sollte es doch besser wissen. Alles endet sowieso irgendwann. Liebe lässt nach, man wird Witwer/Witwe,…und das einzige, das am Ende bleibt ist der Drang weiterhin nicht alleine zu sein. Und vor allem nicht alleine zu sterben.
Ich gebe zu, dass ich in dieser Hinsicht oft schizophren bin. Ich brauche sie nämlich, meine Ex. Das weiß ich. Denn sie ist eine Art Übermensch und scheint alles zu wissen. Ich weiß auch nicht, wie sie das alles schafft. Ob sie nicht auch Tag für Tag von Gedanken geplagt wird, was einmal sein wird. Oder was überhaupt jetzt ist. Sie schafft es rational und emotional zu denken. Irgendwie… Sie kann auf dich eingehen und trotzdem anderer Meinung sein. Ich bewundere wirklich ihre Intelligenz, ihre Art. Aber dann gibt es wiederum Momente, da bringt sie alles so auf den Punkt, dass es nervt. Wer will auch schon die Wahrheit hören? Wer will eine, die immer recht hat? Wer will eine, die einen nicht braucht und bei der man sieht, dass sie gut alleine zurecht kommt? Ich gebe hier, in meinem Inneren Kneipen-Theken-Monolog zu, dass ich das wahrscheinlich nicht kann. Auch wenn ich es gerne könnte, dieses Alleinsein. Doch es gibt immer etwas, dass mich zurückwirft. Etwas in mir, dass sich wünscht, dass alles so wird wie früher. Wie in den Anfängen unserer Beziehung. Und genau ab diesem Punkt bin ich auf dem besten Wege, einer dieser Nostalgie-Leute zu werden und etwas nachzutrauern, was keinen Sinn macht. Es ist unrealistisch. Aber zumindest menschlich.
Im Grunde genommen weiß ich auch nicht was ich will – wie alle anderen. Und je mehr ich darüber nachdenke, desto weniger weiß ich. Vielleicht will ich lieben bis auf den Tod, vielleicht einfach nur nach Hause, aber vielleicht, ja vielleicht, will ich einfach nur Antworten. Und ich weiß, mit wem ich am besten darüber diskutieren kann, aber nun gibt es kein zurück mehr. Der Punkt, der das Ende einleitet, ist überschritten und etwas Neues beginnt im Anschluss.
Ich sehe zu, wie alles um mich herum ein und aus geht, sich bewegt. Und selbst fühle ich mich so still, so steif, so alt. Ich sehe mir selbst von oben zu. Sehe einen Mann, von dessen Thekenplatz gerade zwei Schnapsgläser aufgeräumt werden. Der noch ein Bier bestellt. Der ganz bleich und zugleich rot vor seelischen, schweigsamen Schmerz ist. Der am helllichten Mittag seinen Kummer auf inkorrekte Weise ertränkt…
Ihr kennt mich vermutlich nicht und ich maße mir auch nicht an zu behaupten, dass ich mich kenne. Letztendlich bin ich auch nicht anders als die, die sich das alles nicht fragen. Denn keiner kennt die Antworten…