Logbuch #28 Übersehen

Anfang der Woche habe ich meinem Ex-besten-Freund wegen der ganzen AFD-Geschichte in einem Brief quasi offiziell geschrieben, dass ich die Freundschaft so nicht mehr weiterführen will. Zurück kam da nichts, aber ich denke es ist auch besser so… denn ich wüsste echt nicht, was ich noch sagen soll. Vielleicht ist er ja schon vorher davon ausgegangen, dass es das wohl war, aber ich wollte eben noch ein paar Zeilen dazu schreiben und ganz sicher gehen, dass der Abschluss klar ist.

Nachdem ich nun am Donnerstag auch die „Onlinerunde“ verlassen habe, weil mir die Negativität dort zu viel geworden ist (was ich aber in der Runde auch angemerkt hatte), ist mir noch einmal mehr bewusst geworden, dass ich gelegentlich dazu neige wegzusehen und das Offensichtliche zu übersehen.
Ich will ja auch offen sein und niemanden verurteilen, weil er eben eine andere Meinung hat. Das ist an sich ja auch keine schlechte Eigenschaft, aber es macht mich manchmal etwas blind. I
ch merke jedoch, wie sich das so langsam wandelt und ich für mich andere Maßstäbe setze. Und das ist auch vollkommen okay, denn ich wandle mich ja nicht schlagartig um 180 Grad.

Allerdings habe ich heute kommentarlos so einige Menschen aus meiner Freundesliste auf Facebook gelöscht, mit denen ich wohl nichts mehr zu tun haben werde oder weil sie mich verwirren oder eben ständig Dinge teilen, die ich nicht sehen will und mit denen ich mich niemals identifizieren kann. Da endet meine Toleranz dann einfach ab jetzt. Vermutlich kam ich bisher auch nur damit klar, weil die Person für mich in einem Rahmen agiert hat, mit dem ich zurechtkomme. Und der wird beim „Verbreiten der Wahrheit“ eindeutig überschritten. Ab da wird es einfach strange…

Posted by Journey

Kategorie: Logbuch

Autor: Journey

«      |      »

8 Kommentare        

Oh ja, das ist nicht einfach. Kann mir vorstellen, wie du dich dabei gefühlt haben könntest, als du dir das bewusst durch den Kopf hast gehen lassen. Zumindest bei mir kann das (je nach Situation und Person) schon ein emotionales Hin und Her sein. Wobei es bei Freunden bzw. Bekannten noch vergleichsiwese „einfach“ ist, solang der eigene Kontakt der einzige „Draht“ zu der Person ist. Schwierig ists bei anderweitig verbundenen Kontakten, wie dem Partner der eigenen Schwester, insbesondere mit einer generellen „Konfliktvermeidungsstrategie“.

Ja, eigene Werte und Maßstäbe ändern sich im Laufe der Zeit. Obwohl ich mich mit früheren „Normalo“-Freunden weiterhin gut verstehe und sie nicht „bekehren“ will, kann ich mir nicht vorstellen, z.B. bei neuer Mitspieler*innen-Suche die Themen Nachhaltigkeit für Natur und die Mitwelt komplett zu ignorieren.

Als ich vor ein paar Jahren mal im Netz nach meiner früheren besten Freundin geschaut hab, bin ich auf ein Facebook-Like eines rassistischen Beitrages gestoßen. Puh, da hab ich dann nicht weiter „recherchiert“, sondern schnell Abschied von dem Gedanken genommen, den Kontakt wiederaufzunehmen.

Obwohl ich mich mit früheren „Normalo“-Freunden weiterhin gut verstehe und sie nicht „bekehren“ will, kann ich mir nicht vorstellen, z.B. bei neuer Mitspieler*innen-Suche die Themen Nachhaltigkeit für Natur und die Mitwelt komplett zu ignorieren.

Den Gedanken finde ich zum einen interessant und irgendwie auch nachvollziehbar, dass du bei zukünftigen Kontakten da den Fokus auf diese gemeinsamen Werte legst, während du bei den alten Freunden eher mal ein Auge zudrückst, weil dich vermutlich auch anderes mit ihnen verbindet; vor allem aber wohl die Zeit des Vertrauensaufbaus.
Dennoch solltest du andere nicht kategorisch ausschließen und für dich definieren, was noch vertretbar wäre. Es wäre schade, wenn du Menschen nicht an dich heranlässt, weil sie gewisse Dinge anders sehen. Ich glaube es liegt dann an dir zu entscheiden, ob dir ihre Sicht wirklich grundlegend widerstrebt oder ob es etwas ist, auf das man aufbauen könnte bzw. ob die Person offen dafür ist. Damit schließe ich jetzt mal Klimawandelleugner aus, denn das könnte wirklich zu stressig werden. ^^‘
Ich z.B. achte ja auch immer mehr auf Umwelt und Nachhaltigkeit, selbst wenn ich noch Fleisch esse. Aber seit Jahren nicht mehr aus der Packung, immer vom Wochenmarkt oder Metzger und so selten wie möglich. Die Idee, dass Fleisch teurer werden und somit die Nachfrage zurückgehen soll, unterschreibe ich also zu 100%, denn diese Entwertung muss endlich aufhören! Ich koche auch oft vegetarisch und auch mal vegan, da meine beste Freundin ja Veganerin ist und mir vieles beibringt. Sie versucht auch nicht, mich zu bekehren und lobt eher, wie ich im Laufe der Zeit immer mehr darauf achte und auch offen dafür bin.

Und das mit der ehemaligen besten Freundin klingt ja nicht so schön…aber dann hättet ihr euch heute wohl auch nicht mehr verstanden. Denn wie auch ich erkennen musste, gibt es bestimmte Grundwerte, die irgendwann einfach nicht mehr miteinander vereinbar sind und entweder für einen ständigen moralischen Konflikt in einem sorgen oder sogar zum Ende der Freundschaft führen können.

Wie seid ihr denn auseinander gegangen?

@ Journey:

Ja, als komplette „No-Gos“ sehe ich kleine Differenzen auch nicht gleich. Aber da ich bei meinen Freundschaften lieber auf Klasse statt auf Masse setze, also lieber wenige haben, diese dafür aber eher vertiefen möchte, ist mein „Bedarf“ da aktuell auch gedeckt.

Seltsamerweise ist der Kontakt zu meiner damals besten Freundin spürbar abgeebbt, _nachdem_ sie und ihr Freund sich getrennt hatten. Eigentlich dachte ich, dass dann deutlich mehr Rede- und Tröstbedarf besteht. Das hatte ich auch mal konkret angesprochen, dass sie seitdem so still und verschlossen ist und habe ihr noch etwas Zeit gegeben. Als es dann nicht besser wurde, hatte ich den Kontakt beendet, weil ich keinen Sinn mehr in dieser oberflächlichen Kontakterei sah. Mehr dazu hier ?

Ja, das sehe ich auch so. Ich richte meinen Fokus ebenso lieber auf die wenigen mir wirklich nahen Menschen und vertiefe dann diese Beziehungen. Und ich brauche ja auch relativ viel Zeit für mich, was mit mehr Menschen in meinem Leben schwieriger wird. Dennoch versuche ich, offen für neue Kontakte zu sein, suche aber definitiv nicht danach…

Und ich habe mir die Story gerade noch mal durchgelesen. Schon schade, dass das so geendet hat, aber vermutlich wart ihr auch zu verschieden? Ich kenne jedenfalls auch solche relativ kurzen intensiven Freundschaften, die ich jedoch selbst abgebrochen habe bzw. bei denen ich mich feige nicht mehr gemeldet habe…und auch meine beste Freundin habe ich schon zweimal verlassen, bin aber jedes Mal zurückgekommen. Diese Bindung ist aber auch was ganz Besonderes. ^^

@ Journey:

Mh, gute Frage. Ist wohl zu lang her, um das jetzt sicher beantworten zu können. Wobei ich mich aber wohl auch eher schwer damit tue einzuordnen, was genau _zu_ verschieden ist.

Ich war mal ganz erstaunt, als eine frühere platonische Chatbekannte irgendwann mal so während eines Gesprächs meinte, dass sie sich immer noch wundert, dass ich mich mit „so einer“ wie sie abgeben würde, wo sie doch nur einen Hauptschlussabschluss hat. Mir wäre nie in den Sinn gekommen, das von so einem Wisch abhängig zu machen. Solange mensch sich auf einem ähnlichen Niveau unterhalten kann, sich gut versteht und sympathisch ist. Aber sie hatte da wohl schon einige andere Erfahrungen gemacht ?

Hmmmm… Du hattest glaube ich geschrieben, dass ihr fast keine gemeinsamen Interessen hattet…das kann in meinen Augen z.B. ein „zu verschieden“ sein. ^^
Ebenso empfinde ich gegensätzliche Grundwerte als „zu verschieden“, was ja jetzt der Fall wäre, wenn man ihr Like unter dem rassistischen Beitrag bedenkt.

Und sich über seinen Abschluss zu definieren oder damit eben schlechte Erfahrungen gemacht zu haben, die da nachwirken, kann schon echt übel sein… Ich hab z.B. ja auch nur eine mittlere Reife über die Hauptschule und bin am Abi gescheitert. Das kratzt gelegentlich noch an meinem Selbstwert, auch wenn es genug Menschen gibt, die das wie du nicht so eng sehen und mich sogar eher positiv bestärken. Wenn man es allerdings selbst noch als Unterschied empfindet, ist es gar nicht so leicht, das so schnell anders sehen zu können, selbst wenn die Umgebung eben versucht, einen vom Gegenteil zu überzeugen…

@ Journey:

Hmmmm… Du hattest glaube ich geschrieben, dass ihr fast keine gemeinsamen Interessen hattet…das kann in meinen Augen z.B. ein „zu verschieden“ sein. ^^

Stimmt, gut aufgepasst. Hab grad in meinen alten Beitrag geschaut, da stehts ja auch gleich zu Beginn.

Das ist mir wohl nicht so negativ in Erinnerung geblieben, da sich das ja vor allem bemerkbar macht, wenn mensch öfter etwas real gemeinsam unternimmt. Bei telefonischem oder schriftlichem Austausch steht man sich emotional und mit Rat bei, da ist das dann weniger wichtig.

Schön, dass du bzgl. deines Abschlusses auch bessere Erfahrungen gemacht hast. Wobei ich zwar Abi hab, aber mich mit einem Schnitt von ich glaub 3,5 auch nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe. Aber Hauptsache bestanden ? Und nach der Ausbildung interessierte das Abizeugnis eh keine*n mehr.

Jaaa, ich lese eben die Artikel, die du verlinkst ; )

Und im Bezug auf andere bekomme ich schon positive Resonanz… nur bei mir selbst kommt das leichder nicht immer an… vielleicht irgendwann… vielleicht muss ich aber auch erst mal mein zweites Buch über die „Oberstufendepression“ zu Ende schreiben, um das Kapitel endlich abzuschließen. ; )

Schreibe einen Kommentar