Die Sammlerin mieser Dates

Ich stelle wieder etwas in mein Regal. Meine neueste Errungenschaft sozusagen. Stolz trete ich einen Schritt zurück, um mir einen besseren Überblick über all das zu verschaffen, das ich bisher gesammelt habe. Es sind zwar nur sehr kleine Gegenstände, aber sie scheinen wohl gerade deshalb in ihrer Anzahl unendlich.

Ich lächele in mich hinein. Fühle mich so unendlich stark und unantastbar. Mir kann keiner was! Doch dann…drehe ich mich um und gerate ins Wanken, weil da ein Gegenstand liegt, der da nicht sein sollte. Nicht außerhalb meines Regals. Meines Systems. Meiner absoluten Ordnung.

Etwas wirsch schiebe ich ihn also von mir weg, denn ins Regal passt er auch nicht so ganz. Platz wäre da zwar noch genug, aber er gehört da einfach nicht hin. Das hat er auch nicht verdient, dieser Gegenstand. Den ich mir nun etwas genauer ansehe. Irgendwie schimmert er im Schein des Deckenlichts. Ich schalte es aus und lasse alles liegen.

Bis zum nächsten Gegenstand, den ich unter schallendem Gelächter wieder in mein Regal stelle. Ich bin kein Unmensch. Ich bin nur stark und lache einfach über das, was eigentlich unendlich traurig ist. Was mich in Wahrheit einsam macht. Fühle ich mich dadurch etwa wirklich besser? Nicht darüber nachdenken, einfach umdrehen und den Raum verlassen. Einfach umdrehen und…den Gegenstand von letztem Mal betrachten. Ich lächle. Ehrlich. Irgendwie freut es mich, dass er da immer noch liegt, wo ich ihn hingeschoben habe. Etwas verträumt hebe ich ihn also auf, betrachte ihn. Sein Schimmern im Licht fasziniert mich immer mehr. Mehr als mir lieb ist…mehr als ich vielleicht verkrafte? Ich sehe mich mit diesem Gegenstand: Déjà-vu. Gefühl. Aber ich will nicht! Nicht mehr fühlen. Keinen Gegenstand mehr so sehen. Eigentlich…

Und alles dreht sich. Verschwimmt. Die Nacht bricht herein und nichts in meinem Zimmer leuchtet. Bis auf diesen einen Gegenstand. Und lächelnd drehe ich mich zu ihm hin und kann es nicht aufhalten. Ich reiße ihn an mich. Und er reißt sich an mich. Und tief in mir ist dieses andere Ich, das das nicht will. Es will, dass dieses Schwärmen aufhört und alles kaputt geht. „Das ist besser für dich“, flüstert es in mein Ohr. Immer wieder. Und dann wird es aggressiv und schlägt um sich. Ein Monster, das alles zum Einsturz bringen wird und das nur aus einem einzigen Grund existiert: Angst vor Herzklopfen, vor dem Gefühl die Kontrolle zu verlieren und nicht mehr klar denken zu können. Dem allen ausgeliefert zu sein. Es ist wohl auch die tiefe Angst in mir, nicht zu genügen. Also genügt mir lieber auch niemand. Also verlasse ich bevor man mich verlässt. Also spinne ich mir immer wieder eine Welt zusammen, um einen Grund dafür zu finden wegzulaufen. Abzuhauen vor der Angst und dem, was ich für die unausweichliche, tief in mir verwurzelte Realität halte: dass alles endlich ist. Also renne ich an allen wichtigen Tagen davon wie ein kleines Kind, das man zu oft alleine gelassen hat und das mit diesen Emotionen, die ja sein könnten, nicht zurecht kommt. Aber das zugeben? Vor anderen Menschen? Niemals! Sie sehen nur mein Regal und mich, wie ich stark und kalt lächelnd davor stehe und dort Dinge reinstopfe, auf die ich mich zwar gefreut habe, die mich aber nicht nicht erfüllen.

Das schöne daran war, dass ich so nie wirklich traurig war, wenn es mal wieder nicht geklappt hat und es wieder mal nicht die Person war, die in meine Welt passt. Und in dessen Welt ich einen Platz habe.

Aber jetzt…da ich diesen Gegenstand in meinen Händen halte, der auch mich irgendwie berührt, will ich das irgendwie nicht mehr, dieses halbherzige Fühlen Ich will nicht mehr sinnlose Geschichten sammeln, die zwar lustig zu erzählen sind, mich aber zu keiner einzigen Geschichte inspirieren. Eigentlich ist es nie das gewesen, was ich wollte…

Und was ich wirklich will? Das will ich nach wie vor selbst auch wissen…vielleicht wissen, ob ich mir diesen Gegenstand nicht nur einbilde…

Posted by Journey

Kategorie: (Kurz)geschichten, Allgemein

Autor: Journey

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11 Kommentare        

Süße Erschöpfung

Ich labe mich an deinen Duft, schicke die düsteren Gedanken zurück in die Gruft. Kann sie vergessen für kurze Zeit, ein kurzlebiges Mittel gegen die Einsamkeit. Deine Lippen warm und weich erhellen mir mein Schattenreich, doch sobald dein Duft wieder verfliegt bleibt alles gleich. Ich ergebe mich dem Müßiggang denn manche Gefühle währen nicht lang, verspüre keinen neuen Drang doch weiß irgendwann fängt es vom Neuen an.

Interessant. Gedenkst du das zu unterbrechen?

Wie meinst du das?

Das klang gerade wie ein sich wiederholender Kreislauf…daher frage ich mich, ob du diesen unterbrechen willst …bzw.was genau deine Intension von „süßer Erschöpfung“ ist.

“ Süße Erschöpfung“ Ist nur ein Name für den Nachhall einer sehr intimen Sache… und ich würde
es ihn wohl gerne unterbrechen, denn ihn zu unterbrechen könnte bedeuten glücklich zu werden, doch das ist nicht so einfach…

Ja, die Angst zu überwinden ist anfangs nie einfach. Aber bleibst du in deinem „sicheren“ Kreislauf, wirst du auf ewig stehen bleiben, auch wenn du dich scheinbar bewegst.

Eher unsicherer Kreislauf.. das gibts es zu viele Variablen und Unbekannte. Es ist ungewiss wann, ob und mit wem er fortgesetzt wird. Manchmal versuche ich auch zu verletzen, das was ich verlor zu hassen.. weil ich denke das dass alles einfacher macht. Ich glaub ich brauche eine Konstante in meinem Leben.. man das wird fast schon mathematisch..

Das ist das Leben. Unsicher…unberechenbar…allerdings kann es auch schön und aufregend sein (was ich früher auch nie gedacht hätte).
Ich war auch ewig im Kreislauf und dachte, dass das okay ist. Aber im Nachhinein bin ich sehr froh, dass ich ausgebrochen bin und etwas verändert habe. Es gehört verdammt viel Mut dazu…aber es lohnt sich.
Jemandem reuelos und absichtlich weh zu tun ist jedenfalls nie die Lösung…und wenn du mich fragst auch nicht ganz ehrlich. Nicht nur zu dem Menschen, den du verletzt. In erster Linie zu dir selbst.

Ja da hast du recht, ich hab aus dem letzten Ausflug in die süße Erschöpfung einiges über mich gelernt. Es ist gut das nicht alles vorhersehbar ist… denn dann würde das Leben ja keine Überraschungen mehr bergen und ich bereue es sollte ich diesen Menschen wirklich verletzt haben und wünschte mir fast ich könnte die Zeit zurück drehen und es rückgängig machen, denn ich weiß nicht ob dieser Mensch mir eine zweite Chance geben würde…

Ich denke, es freut diesen Menschen zu lesen, dass du es bereust. Denn das ist schon mal ein guter Anfang, um wirklich mit sich sich ins Reine zu kommen. Aber dieser Mensch hat vielleicht auch etwas bei dieser Geschichte gelernt. Und ist bereits weiter gegangen…
Dennoch lohnt es, an sich zu arbeiten! Gib also nicht auf, denn eines Tages wirst du auch über einen Gegenstand stolpern. Und wenn du dann gefestigt genug bist, kannst du das auch annehmen… ; )

Ich glaub ich wünschte mir das Ich dieser Gegenstand währ… aber vielleicht sollte es einfach nicht sein. Vielleicht hatte ich auch einfach Angst, Angst davor Gefühle zu entwickeln und damit um zu gehen. Wenn beide daraus lernten kann es zumindest nicht gänzlich umsonst gewesen sein, eine Erfahrung eine Erinnerung und auch eine Warnung wie es enden kann und nicht sollte.. Du erhelltest für kurze Zeit mein Schattenreich und dafür bin ich dir dankbar..

Aries Szandor

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